Wir verwenden Cookies
Diese Website verwendet Cookies und andere Technologien. Einige davon sind für die Funktion der Website notwendig, während andere dazu dienen Ihre Nutzererfahrung zu verbessern. Details zu Cookies und Datenverarbeitung finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Im Fokus

08. Juli 24

WW Winzer Photo

Weine unterm Klapotetz

Die Südsteiermark durchlief in den vergangenen 40 Jahren einen kompletten Strukturwandel. Qualitätsfanatische, beherzte Winzer brachten Weine der Paradesorte Sauvignon bis an die internationale Spitze. Seit 2018 ist das Weinbaugebiet eine DAC-Region. Fotos: ÖWM/WSNA

Fotos: ÖWM/WSNA

 

Die Südsteiermark durchlief in den vergangenen 40 Jahren einen kompletten Strukturwandel. Qualitätsfanatische, beherzte Winzer brachten Weine der Paradesorte Sauvignon bis an die internationale Spitze. Seit 2018 ist das Weinbaugebiet eine DAC-Region.

 

Klapotetz: in den südsteirischen Weinbergen weit verbreitete Vogelscheuche, hölzernes Windrad mit Schlägeln, die durch ihr rhythmisches Klappern Vögel von den reifen Trauben fernhalten sollen. Der Name kommt vom slowenischen klopótec: "Klapper".

Am Anfang war ein Erzherzog

Pointiert gesagt, begann die Erfolgsgeschichte des südsteirischen Weines mit Erzherzog Johann (1782-1859). Denn der Habsburger war ein großer Förderer der Landwirtschaft und ließ 1854 in seiner Wahlheimat Steiermark zu Versuchszwecken 425 Rebsorten anpflanzen. Die meisten verschwanden bald wieder. Zu jenen, die blieben, zählt die heute wichtigste Sorte der Südsteiermark: Sauvignon Blanc.

 

Die regionale Paradesorte nimmt rund ein Viertel der südsteirischen Rebfläche ein. Ihre Aromenpalette reicht je nach Herkunft und Ausbau des Weines von Holunderblüte, Brennnessel und Paprika über Grapefruit und Maracuja bis zu Stachelbeeren, Weißen Ribiseln und Kräutern. Südsteirischer Sauvignon hat sich in den vergangenen 30 Jahren neben Klassikern aus dem Loire-Tal (Sancerre, Pouilly Fumé) und Neue-Welt-Sauvignons wie jenen aus der neuseeländischen Cloudy Bay weltweit an der Spitze etabliert.

Südsteirische Stilistik

Neben dem internationalen Zugpferd Sauvignon dominieren in der Südsteiermark die Burgundersorten Chardonnay, hier auch Morillon genannt, sowie Weiß- und Grauburgunder. Dazu kommen als wichtige Rebsorten Welschriesling, Gelber Muskateller und Traminer sowie, für Laien wohl unerwartet – Riesling, etwa in der Region Kitzeck-Sausal.

 

Will man eine den südsteirischen Weinen gemeinsame Stilistik definieren, würde diese idealtypisch etwa so lauten: trocken, fruchtig, duftig, frisch, mineralisch, präzise Aromen. Bei höherwertigen, länger gereiften Weinen kommen Eleganz, Tiefgang, Komplexität und Reifepotenzial hinzu.

Daten & Fakten zum Weinbaugebiet Südsteiermark

  • 2.800 ha Weinbaufläche, 91 % weiße, 9 % rote Sorten
  • 26 % Sauvignon Blanc, 15 % Welschriesling, 14 % Gelber Muskateller, 12 % Weißburgunder, 9 % Chardonnay, 4 % Zweigelt 3,3 % Grauburgunder
  • 265 Weingüter
  • wichtige Weinbaugemeinden: Gamlitz, Ratsch, Berghausen, Spielfeld, Leutschach, Kitzeck, Sankt Nikolai
  • DAC-Region seit dem Jahrgang 2018
  • Klima: feuchtwarm, gemäßigt, geprägt von warmen, mediterranen und pannonischen Einflüssen aus Süden bzw. Osten, sowie kühlen, alpinen Winden aus dem Norden; große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sowie eine lange Vegetationsperiode begünstigen die Ausbildung von nuancenreichen Fruchtaromen
  • Boden: Schiefer, Kalk, Sand, Opok (kalkhaltige Mergelböden)
  • in den häufig sehr steilen, bis auf 600 m Höhe ansteigenden Hanglagen ist meist nur Handarbeit möglich

Radikaler Strukturwandel

Die Zeiten für den steirischen Wein waren nicht immer so rosig wie heute. Zur Zeit des österreichischen "Weinskandals" Mitte der 1980er-Jahre lag die Rebfläche der ganzen Steiermark bei nur 2.800 ha, etwas mehr als die Hälfte der heutigen. Es gab Tausende Kleinbetriebe, die – häufig im Nebenerwerb – durchschnittlich nur 0,65 ha bewirtschafteten, teilweise direkt an der Grenze zum "sozialistischen" Nachbarland Jugoslawien. Es dominierte die 1- und 2-Liter-Ware in mittelmäßiger, bäuerlicher Qualität, aus heutiger Sicht zu süß. International krähte kein Hahn nach steirischen Weinen.

 

Inzwischen aber hat sich ein radikaler Strukturwandel vollzogen. Durch Umdenken einer (vor 30 Jahren) jungen Winzergeneration und kräftige Förderungen des Bundes, des Landes Steiermark und seit 1994 auch der heute vielgescholtenen Europäischen Union wuchsen die Betriebe, investierten kräftig in Kellereibauten, Technik und Weinberge, erschlossen den heimischen und internationalen Markt. Die gesamtsteirische Rebfläche stieg auf 5.100 ha.

Pioniere & Höhenflüge

Winzer wie Manfred Tement, Willi Sattler oder die Brüder Erich und Walter Polz zählen zu den Pionieren des modernen Weinbaus in der Südsteiermark. Sie waren in den späten 1980er- und 1990er-Jahren vorne mit dabei, als man begann, die Erträge im Weingarten zu reduzieren, von Masse auf Qualität umzuschwenken, die Weine trocken und säurebetont auszubauen. Damit legten sie das Fundament für den internationalen Erfolg sowie die Bekanntheit steirischer Weine und tragen – neben vielen anderen Produzenten – bis heute zu deren Höhenflug bei.

 

Mittlerweile sind bereits die international denkenden und ausgebildeten Nachfolger der Pioniergeneration erfolgreich am Werk, setzen da und dort neue stilistische Noten, widmen sich verstärkt dem biologischen Weinbau, natürlichen Weinbereitungsmethoden, touristischen und gastronomischen Projekten.
Die Weinbauschule Silberberg – gleichzeitig ein Weinbaubetrieb – avancierte zu einer wichtigen Kaderschmiede für den Winzernachwuchs. Wichtige Impulse kamen und kommen auch vom Verein Steirische Terroir- und Klassik-Weingüter (STK), dem einige der besten Betriebe der Südsteiermark angehören.

Unsere Weingüter aus der Südsteiermark

Südsteiermark DAC seit 2018

Als selbstbewusstes, auch international erfolgreiches Weinbaugebiet führte die Südsteiermark erst relativ spät und nach langen Diskussionen – mit dem Jahrgang 2018 – den DAC-Status ein. Districtus Austriae Controllatus – kontrollierte österreichische Herkunftsbezeichnung – ist das Kürzel für österreichische Qualitätsweine mit unverwechselbarer Gebietscharakteristik.

 

Das 2003 erstmalig im Weinviertel eingeführte Prinzip des DAC folgt dem Vorbild der Appellationssysteme in Frankreich, Spanien und Italien. Dort sind viele bedeutende Weine nach der Herkunftsregion benannt, wie etwa Chablis, Rioja und Chianti. Erst an zweiter Stelle steht die jeweilige Rebsorte: Chardonnay, Tempranillo und Sangiovese. Das ursprünglich aus Burgund stammende Konzept proklamiert: Für die Unverwechselbarkeit und das Profil eines Weines ist dessen Herkunft aus einer bestimmten Region, einem Ort (Dorf, Gemeinde) bzw. aus einer Riede (Parzelle, Einzellage) wichtiger als die Rebsorte.

 

Genau das ist die Idee des modernen Herkunftsmarketings, wie es seit 20 Jahren auch in Österreich von Weinbauverbänden, privaten Winzervereinigungen, einzelnen Winzern und – allen voran – von der ÖWM Österreich Weinmarketing GmbH propagiert wird. Inzwischen sind alle Weinbaugebiete Österreichs dem Beispiel des Weinviertels gefolgt, haben ihre eigenen DAC-Rebsorten und Kriterien für die Produktion der DAC-Weine festgelegt. Mit der Einführung der DACs und der stärkeren Betonung der Herkunftsregion soll auch die (internationale) Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Weine gestärkt und deren Profil geschärft werden. Das gilt auch für die Südsteiermark.

Südsteiermark DAC-Weine in 3 Kategorien

Gebietsweine

Leichte, frische, fruchtbetonte, zugängliche Weine, deren Trauben aus der ganzen DAC-Region stammen dürfen. Der Charakter der südsteirischen Rebsorten wird in den Gebietsweinen bereits deutlich.

Ortsweine

Charaktervolle Weine und lokale Spezialitäten, die das Mikroklima und Terroir ihrer Herkunftsgemeinde repräsentieren. Perfekte Speisenbegleiter, die jung Freude bereiten, aber durch einige Jahre Flaschenreife an Kraft und Ausdruck gewinnen. Als Südsteiermark DAC deklariert werden dürfen die Ortsweine aus Kitzeck-Sausal, Eichberg, Leutschach, Gamlitz, Ehrenhausen.

Riedenweine

Die Spitze der südsteirischen Weine stammt aus Einzellagen (Rieden), vergleichbar mit französischen Grand Crus oder Premier Crus. Die Riedenweine werden meist länger ausgebaut und spiegeln das spezifische Terroir einzelner Lagen wider, sind vielschichtig und lange lagerfähig. Ihre Komplexität nimmt durch Flaschenreife zu.

Die Weine aller 3 Kategorien müssen trocken ausgebaut sein (max. 4 g/l Restzucker). Für dichte, ausdrucks- und kraftvolle Weine ist der Zusatz "DAC Reserve" möglich. Sie dürfen frühestens 2 Jahre nach der Lese auf den Markt kommen. Diese Kategorie bietet neben der Gebietscharakteristik weitere vielschichtige Geschmacksdimensionen, komplexe Fülle, einen finessenreichen, langen Abgang und großes Reifepotenzial.

 

Die 3 steirischen DAC-Gebiete – neben der Südsteiermark auch die Weststeiermark und das Vulkanland Steiermark – waren die ersten, in denen die Handlese der Trauben verpflichtend vorgeschrieben wurde.